HELD*INNEN
wenn ich in den spiegel schau,
seh ich in mir ein mosaik aus frauen.
meine mama – lange haare, augen braun,
arbeit auf teilzeit, zwei kinder allein,
freundin, vertraute immer abrufbereit
sie hast mich gehalten - nach jedem streit
und freudig jeden meiner erfolge geteilt.
wenn ich überlege, wer ich bin,
hallt in mir ein echo von stimmen
meine oma, die mir mut macht,
ganz egal, wer über mich lacht
meine deutschlehrerin lobt meine fantasie,
als sie meine geschichten nicht nur überfliegt,
sondern wirklich interessiert liest.
wenn ich überlege, wo ich schon war,
denke ich an einen tiefpunkt vor ein paar jahrn,
wie meine schwester sich zu mir legt und sagt:
du fühlst alles so intensiv: trauer, verzweiflung, scham;
aber dafür wirst du irgendwann
genauso doll das gute spürn: freude, zuversicht, du bist so stark.
dann legt sie sich neben mich und bleibt einfach da,
dafür bin ich ihr bis heute so dankbar.
wenn ich mir ausmale, wie ich sein will:
ist in meinem kopf immer dasselbe bild,
das eigentlich eher eine zusammenschnitt
aus all diesen frauen ist
ich hab‘s nicht ganz gerafft als ich klein war,
und ich sag‘s auch seit ich größer bin, viel zu selten:
an alle frauen in meinem leben
und vor allem an mama:
danke, ihr seid wahre held*innen.